Wartburg 1000 Kombi de Luxe
KFZ technik beurteilt
 
Wartburg - 1000
Kombi de Luxe
 
Bild 1

 
Die bei unseren Kleinwagen, Kleinkrafträdern, Motorrädern und
Schnelltransportern in letzter Zeit vollzogene Modernisierung des
Äußeren steht bei den meisten Typen des Wartburg-Fertigungs-
programms noch aus. Die Limousinen aus Eisenach und die Camping-
sowie Coupé-Modelle aus Dresden werden nach wie vor mit unver-
änderter äußerer Form hergestellt. Die Kombi-Typen aber, die der
VEB Karosseriewerk Halle für AWE produziert, erhielten eine neue
Heckpartie. Über die mit nach oben klappbarer Hecktür ausgestatte-
ten Standard- und de-Luxe-Fahrzeuge berichteten wir bereits im
Heft 3.

Ein spezifisches Kriterium für die Gestaltung eines Kombi-Wagens
ist der Verlauf der Dachkontur. Entsprechend den geschwungenen
Formen am Wartburg hatte das bisherige Kombi-Dach auch am
Heck Rundungen mit größeren Radien. Die Dachlinie des neuen
Wartburg-Kombi verläuft dagegen gestreckter und wird durch die
groß- und glattflächige Hecktür abgeschlossen. Schräggesetzte hin-
tere Fensterholme und gestreckte Hinterradkotflügel betonen die
horizontalen Linien am neuen Kombi-Heck, das man mit seiner
großen Ladeöffnung, die von der nach oben klappenden Tür un-
behindert freigegeben wird, der großflächigen Verglasung und der
durchgehenden Stoßstange als gelungen und modern bezeichnen
kann. Zu einem weniger gerundeten Fahrzeugvorderteil würde das
Heck allerdings besser passen. Nicht ganz harmonisch erscheint des-
halb auch die Dachkontur beim genauen Hinsehen, was allerdings
kaum mehr auffällt, sobald das Fahrzeug beladen ist.

Auch die neuen Kombi-Fahrzeuge werden, wenn man die Hecktür
nicht mitrechnet, zweitürig gefertigt - im Gegensatz zu den Cam-
ping-Limousinen, die vier Türen zum Einstieg haben. Die neue
Kombi-Karosserie verfügt über Entlüftungsöffnungen im Heck.
Man erkennt neben ihnen in Bild 2 eines der beiden Federteleskope,
die die Hecktürbewegungen unterstützen und die Klappe in geöff-
neter Stellung beharrend lassen. Nicht sehr glücklich erscheint uns
die Unterbringung des Reserverades. Es ist nicht wie angekündigt
von außen zugänglich, sondern liegt unter der Ladefläche im Innen-
raum. Man ist also unter Umständen gezwungen zu entladen, wenn
es gebraucht wird. Man braucht allerdings nur eine rd. 50 cm lange
Klappe freizuhalten, die den Raum für Reserverad, Werkzeug usw.
abdeckt.

Die ausländischen Generalvertreter haben jedoch zur Leipziger
Frühjahrsmesse diese Ausführung derjenigen mit von außen zu-
gänglichem Reserverad vorgezogen.

Wie Bild 3 zeigt, ist die Tankeinfüllöffnung jetzt von der Seite zu-
gänglich und wird durch eine der Kotflügelform entsprechende
kleine Klappe verdeckt. Damit konnte der Verlauf der Einfülleitung
so verbessert werden, daß der Kraftstoff ohne Hemmnisse in den
Tank läuft. An dem uns zur Verfügung gestellten Fahrzeug war
jedoch der mit einer Korkdichtung versehene Tankverschluß nicht
ganz dicht, so daß bei vollem Tank während der Fahrt über größere
Unebenheiten der Kraftstoff im jetzt hemmungsfreien Stutzen nach
oben schwappte, am Verschluß austrat und nicht nur durch die
Überlaufbohrung, sondern auch über den Kotflügel ablief.

Vorn entspricht der Innenraum weitgehend der Wartburg-1000-
Limousine. Vorteilhaft ist das Zweispeichen-Sportlenkrad mit sehr
griffgünstigen Partien. Ungünstig wirkt sich das hochglanzlackierte,
in unserem Falle sogar hellgelbe Instrumentenbrettoberteil aus. Es
ruft in der Frontscheibe störende Reflexe hervor. Die von der Limou-
sine abweichende Innenraumverkleidung (u. a. mit Kunstleder-
himmel) wirkt geschmackvoll. Der gesamte Innenausschlag könnte
allerdings noch gewinnen, würde man nicht eine Vielzahl von ver-
schiedenen, Farbnuancen verwenden.

Die mit einem sehr praktischen, dunkelgrauen Stoff bezogenen Sitze
sehen nicht nur elegant aus, sondern bieten insbesondere Fahrer- und
Beifahrer ausgezeichneten Sitzkomfort. Es werden nicht die mit
Schaumgummiauflage verarbeiteten de-Luxe-Sitze verwendet, die
z. B. unser 1963 erprobter Wartburg 1000 besaß (Bericht Heft 3/63),
sondern die in Heft 2/63 beschriebenen vorderen Einzelsitze mit seit-
lichen Auflagewülsten. Sehr gut vermag die gewölbte Lehne dem
Rücken Halt zu bieten. Einziger Wunsch wäre eine noch etwas
größere Einsitztiefe. Die durchgehende Fondsitzbank und ihre Lehne
sind in verschiedene Stellungen klappbar. So kann man einen maxi-
malen Laderaum von 1635 mm Länge herstellen, in dem sich erstaun-
lich viele auch sperrige Güter unterbringen lassen, oder eine ungefähr
2 m lange Liegestatt schaffen. Wie Bild 4 zeigt, entsteht eine leicht
ansteigende Fläche, die ebener ist, als sie bei den Liegesitzanord-
nungen vieler anderer Fahrzeuge entsteht.

Wie bei fast allen Kombi-Wagen ist auch am neuen Wartburg-Kombi
das Problem der sehr schnell verschmutzenden Heckscheibe ungelöst.
Der vom Fahrzeug aufgewirbelte Straßenschmutz gelangt durch die
hinter dem beinahe senkrechten Heck abreißende Luftströmung auf
die Heckscheibe und macht sie besonders bei nasser Fahrbahn sehr
bald undurchsichtig. Die Kombiausführungen der schwedischen
Saab-Werke haben aus diesem Grund ein Leitblech, das die über
das Dach strömende Luft an der Heckscheibe vorbeiführt und diese
beschlagfrei halten soll. Beim Wartburg-Kombi muß man eben nach
100 km Regenfahrt die Heckscheibe säubern, um wieder verkehrs-
sicher zu sein.

In jeder Beziehung befriedigte wiederum der 1-l-Dreizylinder-Zwei-
taktmotor des Wartburg. Seine Leistung von 45 PS und das max.
 
Entlütungen Bild 2  Der neue Wartburg 1000-Kombi hat
im Fond nahe der Hecktür an jeder Seite zwei
Abzugsöffnungen zur zugfreien Entlüftung.
Außen münden die Öffnungen unterhalb der
Regenrinne
 
 
 
Bild 3  Mit der neuen Heckpartie wurde auch
ein verbesserter Kraftstoffeinfüllstutzen ein-
geführt, mit dem die bisherigen Tankschwierig-
keiten beseitigt wurden
Einfüllstutzen
 
Kraftfahrzeugtechnik 6/1964
 
 
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Drehmoment von 9,5 kpm sowie der günstige Verlauf des Dreh-
momentes sind in dieser Klasse ohnehin führend und für das außer-
ordentlich lebendige Temperament dieses rd. 1050 kg (Leermasse
nach Werksangabe) schweren Wagens verantwortlich. Durch den
geänderten Achsantrieb (Limousine 4,857, Kombi 5,67) wurde
erreicht, daß über ein noch breiteres Drehzahlband hohe Zugkraft
zur Verfügung steht, schaltärmeres Fahren möglich und Ausdrehen-
lassen des Motors in den Gängen unnötig wird. Von seiten der An-
triebsleistung ist die Zuladung kaum zu bemerken. Durch die höheren
Drehzahlen übertönen die Motorgeräusche die des Fahrwerks auch
bei hohen Geschwindigkeiten. Das bei den Wartburg-Limousinen
übliche Fahrwerk mit Rahmen, vorderer und hinterer Querblatt-
feder, einzeln aufgehängten Vorderrädern und an einer Starrachse
laufenden Hinterrädern erhielt für den Kombi eine verstärkte Hinter-
feder. Trotzdem sind die Fahrbahnstöße kaum härter im Innenraum
zu spüren als bei den Limousinen, wo sie allerdings schon kräftig
genug durchkommen. Richtungsstabilität und Kurvensicherheit des
in dieser Beziehung sehr gut zu beurteilenden Limousinenfahrgestells
sind auch hier in fast dem gleichen Maße anzutreffen. Sicherlich durch
seine größere Hecklastigkeit entsteht eine noch deutlichere Über-
steuerungstendenz.

Die sich in den meisten Fahrsituationen als sehr vorteilhaft erwei-
sende direkt übersetzte Zahnstangenlenkung ist beim Anfahren,
besonders bei Last relativ schwergängig. Ebenso hohe Betätigungs-
kräfte erfordern Kupplung und Bremse. So gut auch beispielsweise
die Bremsanlage infolge ihrer fadingarmen Wirkung beurteilt werden
kann, der Verringerung der Betätigungskräfte muß man sich schleu-
nigst widmen, will man dem Weltstand nicht noch länger hinterher-
hinken.

Obwohl die Federwege unter dem Durchschnitt gering sind, ver-
ändert die volle Zuladung die Scheinwerferstellung erheblich. Es ist
keine Vorrichtung vorhanden, durch die sich das ohne Mühe korri-
gieren ließe, wie etwa die Parabolspiegelverstellung am Renault R 4.

Mit der erwähnten größeren Achsuntersetzung des Kombi kommt es
besonders im beladenen Zustand noch eher als bei der Limousine vor,
daß beim Anfahren die Vorderräder durchdrehen. Das ist auch der
Grund dafür, daß der Wartburg-Kombi an Steigungen mit nicht
griffiger Fahrbahn, beispielsweise an einem ansteigenden verschlamm-
ten Feldweg, nur schwer zu bewegen ist. Die Grenze für das Anfahren
stellten wir an unserer rd. 24%igen Steigung fest. Bei regennasser

Verbrauchskurve Bild 5
Kraftstoff-
verbrauchskurve

Asphalt-Fahrbahn und voller Nutzlast (rd. 400 kp einschließlich
Insassen) war ein Anfahren nur unter sehr großen Schwierigkeiten
möglich. Ist der Wagen in Fahrt oder die Straße trocken, werden
auch noch größere, vom Triebwerk jederzeit erzeugte Steigleistungen
vollbracht. Die erwähnte 24%ige Steigung befuhren wir bei voller
Beladung im 1. Gang mit rd. 20 km/h. Auf der anderen Seite bringt
der Frontantrieb unter normalen Verhältnissen im Fahrbetrieb auch
dieses Kombi-Wagens die bekannten Vorzüge. Mit ziehendem Motor
sind z. B. schnell befahrene Kurven sicher zu nehmen und es lassen
sich auf Landstraßen und Autobahn ebenso hohe Durchschnitts-
geschwindigkeiten wie von vergleichbaren Limousinen erreichen.
Überhaupt kommen die Qualitäten des Wartburg-Kombi unter
normalen Straßenverhältnissen am besten zur Geltung.
 
Die Messungen

Als Höchstgeschwindigkeit werden werkseitig 105 km/h angegeben.
Wir ermittelten 111,5 km/h (500 m Strecke; Hinfahrt 16,0 s; Rück-
fahrt 16,3 s). Bei allen unseren Messungen war das Fahrzeug voll-
Liegefläche im Kombi
Bild 4  Die Liegesitze im Wartburg 1000-Kombi de Luxe ergeben eine
bequeme Liegefläche (Bild 2, 3 und 4 Foto: Romü)
 
beladen (rd. 400 kp einschließlich Insassen). Die in Bild 5 wieder-
gegebene Kraftstoffverbrauchskurve zeigt, daß der 1000-cm³-Drei-
zylinder-Zweitaktmotor im Kombi relativ wirtschaftlich arbeitet,
obwohl er höher übersetzt ist als in der Limousine. Die mit dem
Kombi ermittelten Werte liegen teilweise sogar unter denen, die sich
mit der 1963 von uns erprobten 1000er-Limousine ergaben. Das ist
in erster Linie damit zu erklären, daß der von uns gefahrene Limou-
sinen-Motor, wie wir seinerzeit schon vermuteten, gegenüber dem
Seriendurchschnitt stark abwich, andererseits werden sich jetzt die
laufend durchgeführten Serienverbesserungsarbeiten auswirken. Den
durchschnittlichen Kraftstoffverbrauch ermittelten wir auf einer
1270 km langen Strecke (55% Autobahn, 31% Landstraßen, teil-
weise Mittelgebirge, 14% Stadtstraßen) mit möglichst praxisnahen
Verhältnissen (67% vollbeladen, 33% mit einer oder zwei Personen
besetzt). Er ergab sich mit 9,89 l/100 km bei schneller und sport-
licher Fahrweise.
 
Schlußbetrachtung

Wenn der neue Wartburg 1000-Kombi natürlich auch kein Vollheck-
fahrzeug im Sinne einer Großraumlimousine mit minimalen Außen-
abmessungen darstellt, verbindet doch schon seine Kombi-Karosserie
eine Reihe von Limousinenvorteilen mit größerer Geräumigkeit.
Zumal er mit der neuen Heckpartie das im Äußeren Neueste des
Wartburg-Fertigungsprogramms darstellt, ist er auch für potentielle
Limousinenkäufer attraktiver geworden. Hinsichtlich des bei uns
manchenorts geleugneten Publikumsinteresses an einem Vollheck-
fahrzeug dürften die Bestelltendenzen nicht uninteressant sein.

KfA 7068     Knut

 
Technische Daten


Motor
Zylinderzahl
Hub/Bohrung
max. Leistung
max. Drehmoment
Vergaser
Schmierung

Kraft- und Schmierstoffmengen
Kraftstofftank
Ölmenge Getriebe

Kraftübertragung, Fahrwerk
Kupplung
Getriebe
Rahmen
Lenkung
Federung

Abmessungen und Lasten
Radstand
Spurweite vorn/hinten
Ladeöffnung (Breite x Höhe)
Öffnungsbereich der Hecktüre
Masse des fahrfertigen Fahrzeugs
zul. Belastung
Wassergekühlter Zweitakt-Ottomotor
3 (in Reihe)
78/78,5
45 PS bei 4000 bis 4250 U/min
9,5 kpm bei 2200 U/min
BVF H 362-20
Kraftstoff-Öl-Gemisch 33:1

 
rd. 40 l
2,25 l

 
Einscheiben-Trockenkupplung
Viergang, 2. bis 4. Gang, synchronisiert
Kastenprofilrahmen
Zahnstangenlenkung
querliegende Blattfedern

 
2450 mm
1190/1260 mm
1135 X 850 mm
100 bis 120° zur Senkrechten
1050 kg
400 kp

 
Kraftfahrzeugtechnik 6/1964
 
 
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