UNSER TEST
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WARTBURG 353 de luxe
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mit 50 PS

 
 
Der 353er vor der Tankstelle
 
 
WARTBURG 353 de luxe VOM  VEB  AUTOMOBILWERK  EISENACH
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Aus Der Deutsche Straßenverkehr 9/1970  
 
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Kofferrraum mit stehendem Reserverad

Als wir 1966 auf einer Langstreckenfahrt die erste Bekanntschaft mit dem neuen Wartburg machten, vermittelten seine ausgezeichneten Fahreigenschaften bereits den Eindruck daß das Fahrwerk dieses Wagens "Schneller" ist als sein Motor. Die Einzelradaufhängung, vorn an Querlenkern, hinten an Schräglenkern und der Frontantrieb sichern dem Wagen eine sehr gute Spurhaltung auch unter schwierigsten Bedingungen. Gleichgültig, ob die Fahrbahn eben oder wellig ist, ob die Oberfläche gleichmäßig glatt und griffig oder durch Unebenheiten zerklüftet ist, der Wagen folgt exakt der Lenkung und erlaubt zentimetergenaues Fahren. Das trifft auch für schnell durchfahrene Kurven zu, in denen die möglichen Geschwindigkeitsgrenzen um einiges höher liegen als bei anderen Wagen dieser Größenklasse. Es gibt beim Wartburg kein seitliches Wegsetzen der Hinterachse auf Kopfsteinpflaster, ganz gleich ob die Straße naß oder trocken ist, der Wagen hält die gewünschte Spur als ob er auf Schienen liefe. Selbst böiger Seitenwind beeinträchtigt nicht dieses Fahrverhalten, man spürt die Seitenkräfte kaum in der Lenkung.

Dabei ermöglichen die langen Federwege, 165 mm vorn und 220 mm hinten, ein sehr angenehmes und weitgehend ermüdungsfreies Fahren. Mit langen Bodenwellen und einzelnen Absätzen werden die Schraubenfedern und doppeltwirkenden Teleskopstoßdämpfer mühelos fertig, aber auch auf Schlaglochserien, die die Radaufhängungen stark beanspruchen, behalten die Räder den Fahrbahnkontakt Man spürt dabei zwar das Arbeiten des Fahrwerks, die Karosserie liegt jedoch ruhig, und harte Stöße dringen nicht bis zu den Insassen vor. Situationen, bei denen die Sitzfederung ausgleichen muß, was die Radfederung nicht mehr schafft, gibt es beim Wartburg 353 nur selten. Sein Fahrwerk vermittelte stets den Eindruck, daß die Fahrbahnoberflächen schlechter aussehen als sie tatsächlich sind. Man fährt dadurch ohne Risiko auch unter weniger günstigen Bedingungen relativ hohe Durchschnittsgeschwindigkeiten, wobei die Fahrleistungen auf Fernverkehrsstraßen in erster Linie von der Motorleistung und von der Verkehrsdichte bestimmt werden. Im Vergleich mit den Wagentypen, die in unserer Republik
 
Die Kofferklappe wird von Ausgleichsfedern geöffnet, wenn man den verschließbaren Druckknopf betätigt.

 
 
 
 
 
 
 
 
 
Die Motorhaube wird seitlich abgestützt, um die Herausnahme der Frontverkleidung nicht zu behindern.

Der Motorraum
 
Aus Der Deutsche Straßenverkehr 9/1970  
 
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handelsüblich und bekannt sind, hat der Wartburg 353 ohne Zweifel das "schnellste" und im Hinblick auf die Fahreigenschaften auch das sicherste Fahrwerk. Diese Erfahrungen fanden wir auf regennassen und schlüpfrigen Straßen, auf kurvenreichen Strecken wie auch bei extremen Windverhältnissen auf der Autobahn immer wieder bestätigt.

DAS TRIEBWERK

Am Fahrwerk hat sich seit Serieneinsatz des Typs 353 nichts wesentliches geändert, aber der Motor wurde gründlich überarbeitet Er leistet jetzt 50 DIN-PS bei 4250 U/min und erreicht das maximale Drehmoment von 10 kpm bei 3000 U/min. Die Mehrleistung von 5 PS gegenüber der bisherigen Ausführung wurde vor allem durch Überarbeitung des gesamten Ansaugsystems, unter anderem größere Querschnitte auf der Ansaugseite, einen in der Nennweite von 36 auf 40 mm vergrößerten Fallstromvergaser und durch Reduzierung des Totraumes im Kurbelgehäuse erreicht. Die Kurbelwelle, jetzt mit vollen Hubscheiben, erhielt einen Drehschwingungsdämpfer, der die Laufkultur des nunmehr auch voll dynamisch ausgewuchteten Kurbeltriebs entscheidend verbessert. An den Stirnseiten werden an Stelle der bisherigen Wellendichtringe aus Gummi je zwei Kolbenring-Abdichtungen eingesetzt, die in Verbindung mit eng tolerierten Nuten für die Abdichtung der Kurbelkammern sorgen und länger halten. Verstärkungen am Zylinderblock und am Kurbelgehäuseunterteil sorgen für eine größere Formsteifigkeit und reduzieren die Geräusche. Das erhöhte Drehmoment des leistungsgesteigerten Motors kommt erst in höheren Drehzahlen zur Geltung, jenseits der Höchstleistung fällt dadurch auch die Leistungskurve des neuen Motors nicht so steil ab wie die des Vorgängers. Der Motor dreht leichter hoch und entwickelt selbst in höchsten Drehzahlen eine wesentlich größere Durchzugskraft. In Drehzahlen unterhalb etwa 2500 U/min ist sein Drehmoment jedoch geringer als beim Vorgänger, der in niedrigen Drehzahlen spürbar besser zog. Der unterschiedliche Drehmomentverlauf wird besonders im vierten Gang deutlich, weil dessen Übersetzung ein wenig verringert wurde, um entsprechend der gesteigerten Leistung auch eine höhere Spitzengeschwindigkeit zu ermöglichen. Beschleunigt man aus 50 km/h im vierten Gang, so fährt jeder 45-PS-Wartburg davon, denn die Antriebskraft des neuen ist in diesem Bereich um reichlich 20 Prozent geringer. Da hilft nur schalten. Erst bei knapp 80 km/h steht bei beiden Wagen im vierten Gang die gleiche Antriebskraft zur Verfügung. Oberhalb 80 km/h zieht der neue zunächst mit etwa 5 Prozent höherer Antriebskraft. Dieser Kraftüberschuß steigt aber ab etwa 120 km/h noch weiter an und erreicht bei Höchstgeschwindigkeit Werte von über 20 Prozent. Auf Grund dessen beschleunigt der Wartburg auch in sehr hohen Drehzahlen noch kräftig und erreicht schnell seine Höchstgeschwindigkeit. Diese Drehfreudigkeit verkürzt die Überholwege und erhöht
die Sicherheit. Es gibt keine "Kopf-an-Kopf-Kämpfe", bei denen sich der Überholende Meter für Meter am Überholten vorbeischiebt, der Wartburg beschleunigt selbst bei 110 km/h noch so schnell, daß die Differenzgeschwindigkeit schon 10 bis 15 km/h beträgt, wenn er den überholten Wagen passiert. Dieses Temperament in hohen und höchsten Drehzahlen verdankt der Motor nicht zuletzt dem Zweistufenvergaser, bei dem sich im letzten Drittel des Drosselklappenweges eine Zusatzdüse einschaltet, die das vom Hauptdüsensystem gelieferte Gemisch zusätzlich anreichert. Das Einschalten der Zusatzdüse ist als Druckpunkt im Gaspedal zu spüren. Über diesen Punkt hinaus läßt sich das Pedal merklich schwerer durchtreten. Im normalen Fahrbetrieb wird diese zweite Stufe nicht gebraucht, denn der Wagen läuft schon etwa 115 km/h, wenn man den Druckpunkt nicht überschreitet Um etwa 90 km/h zu fahren, braucht das Gaspedal nur wenig über den Leerlauf angetippt zu werden. Man bleibt dabei im sparsam eingestellten Bereich und kommt mit wenig Kraftstoff aus. Auf Fernverkehrsstraßen lagen unsere Verbrauchswerte zwischen 8 und 8,5 l/100 km, wobei nur sanft beschleunigt und 90 km/h nicht überschritten wurden. Auf der Autobahn brauchten wir zwischen 9,6 und 9,9 l/100 km, im Stadtverkehr stiegen die Werte bis auf 10,2 l/100 km. Bei Geschwindigkeiten um 130 km/h kamen wir auf 11,5 bis 12 l/100 km, denn in diesem Bereich fährt man ständig mit eingeschalteter Zusatzdüse, und das kostet mehr Kraftstoff. Die vom Werk angegebene Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h vertrug der Testwagen, den wir als Serienfahrzeug frisch vom Band übernommen und zügig eingefahren hatten, auch über lange Strecken, und an Steigungen unter 5 Prozent sank die Tachonadel kaum einmal unter 120 km/h. Es gab keinerlei Anzeichen dafür, daß der Motor dabei überfordert wird. Selbst bei dieser Geschwindigkeit gab es noch Reserven, denn bei Vollgas ermittelten wir in mehreren Messungen 138 km/h Höchstgeschwindigkeit mit der Stoppuhr (auf unserer Teststrecke). Noch einige Worte zum Einfahren. Hohe Drehzahlen schaden nichts, sie dürfen aber nicht längere Zeit beibehalten werden. Überhaupt sind häufig wechselnde Drehzahlen günstiger als lange Zeit gleichbleibende. Häufiges schalten und Fahren im günstigsten Drehzahlbereich zwischen maximalem Drehmoment und maximaler Leistung bekommen dem Motor besser als zu niedrige Drehzahlen, bei denen er leicht überlastet wird. Er muß leicht drehen, man muß spüren, daß ihm die Arbeit nicht schwerfällt. In den unteren Gängen blieben die Übersetzungen unverändert. Die Gänge reichen theoretisch genauso weit wie beim 45-PS-Typ, der neue Motor zieht aber ab etwa 2500 U/min viel kräftiger und dreht gewissermaßen spielend hoch.Ab etwa 60 km/h - bis dahin reicht der zweite Gang - bietet der 50-PS-Motor im dritten Gang eine etwa 10 Prozent größere Antriebskraft, die sich bis auf über 30 Prozent Kraftüberschuß erhöht, wenn man den dritten Gang bis etwa 95 km/h ausfährt. 60 bis 90 km/h, das ist genau der Bereich,
 
Das Gangdiagramm zeigt die Motordrehzahlen und Geschwindigkeit in den einzelnen Gängen. Zum Vergleich der strichpunktiert eingezeichnete 4. Gang des Wartburg 353 mit 45-PS-Motor.
 
Die Beschleunigungskurve, gemessen bei zwei Personen Belastung, laßt das Temperament des 50-PS-Wartburg auch in höheren Geschwindigkeiten erkennen.
 
Das Gangdiagramm
 
Die Beschleunigungskurve
 
Aus Der Deutsche Straßenverkehr 9/1970  
 
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Der 353 mit Schiebedach
 
Mit teilweise oder völlig geöffnetem Schiebedach fährt es sich angenehmer als mit geöffnetem Seitenfenster, weil es nicht zieht.
 
in dem sich auf Fernverkehrsstraßen die meisten Überholvorgänge abspielen, und hier ermöglicht der dritte Gang sehr kurze Überholwege und maximale Sicherheit. Man darf nur das Zurückschalten nicht vergessen, denn mit dem vierten Gang ist wie schon erwähnt erst ab etwa 80 km/h etwas anzufangen.
Unterhalb 80 km/h kann man zwar im vierten geruhsam fahren, nicht aber schnell beschleunigen. Diese Charakteristik des neuen Motors kommt den Eigenschaften des Zweitakters sehr entgegen, der sich in höheren Drehzahlen viel wohler fühlt als in niedrigen. Sie zwingt mehr als bisher zur richtigen Wahl der Gänge und verleidet geradezu das untertourige Fahren im vierten Gang, das jeder Zweitaktmotor mit hohem Verbrauch und Verschleiß quittiert. Im Stadtverkehr bei Geschwindigkeiten um 50 km/h sollte auf den vierten Gang lieber verzichtet werden, denn die in diesem Bereich zur Verfügung stehenden 18 PS sind mit der Wagenmasse einfach überfordert. Im dritten Gang steht bei gleicher Geschwindigkeit etwa die doppelte Leistung zur Verfügung.
Mit dem vor zwei Jahren getesteten Wartburg-Tourist brauchten wir 15 Sekunden, um aus dem Stand bis 80 km/h zu beschleunigen. Bis 100 km/h vergingen 27 Sekunden. Der 50-PS-Motor brachte den Testwagen in 13 Sekunden auf 80 und in 21,5 Sekunden auf

 
 
Die Sitze sind an den Kanten mit Kunststoff und in der Mitte mit strapazierfähigem Polsterstoff bezogen.
Die hinteren Türen haben Kindersicherungen.

 
Mit geöffneten Türen

TECHNISCHE DATEN

Motor
Dreizylinder-Zweitakt, stehend in Reihe
Hubraum: 992 cm³
Bohrung: 73,5 mm
Hub: 78 mm
Verdichtung: 7,5 + 0,2
Leistung: 50 DIN-PS (55 SAE-PS) bei 4250 U/min
max. Drehmoment: 10kpm bei 3300 u/min
Schmierung: Kraftstoff/Öl 33,1:1
Kühlung: Pumpenumlauf mit Thermostat und Lüfter,
        abgeschlossenes System, Dauerkühlflüssigkeit
        Glysantin/destilliertes Wasser 37:73
Vergaser: BVF-Fallstrom 40 F1-11, mit zusätzlicher
        Vollast-Anreicherung
Zündung: drei Unterbrecher, drei Zündspulen
Zündkerzen: Isolator M18 - 240
 
Kraftübertragung
Kupplung: Einscheiben-Trockenkupplung mit
        Tellerfeder
Getriebe: Viergang, 14. bis 4. Gang sperrsynchronisiert,
        Lenkradschaltung, sperrbarer Freilauf
Getriebeübersetzung: 1. Gang   3,796
Getriebeübersetzung: 2. Gang   2,160
Getriebeübersetzung: 3. Gang   1,347
Getriebeübersetzung: 4. Gang   0,906 (bisher 0,968)
Getriebeübersetzung: R.-Gang   3,385
Übersetzung des Achsantriebs: 4,22
Antrieb: Gelenkwellen mit Dreifingergelenken
Elektrische Anlage
Batterie: 12 V, 42 Ah
Lichtmaschine: 12 V, 220 W, spannungsgeregelt,
        temperaturkompensiert
Anlasser: 12 V, 0,8 PS, Schubschraubantrieb mit elektro-
        magnetischer Einspurung
Fahrwerk und Karosserie
Rahmen: Kastenprofilrahmen mit Querträgern
Vorderachse: Doppelquerlenker, Schraubenfedern,
        Teleskopstoßdämpfer
Hinterachse: schrägangelegte Halbachsen, Schrauben-
        federn, Teleskopstoßdämpfer, Querstabilisator
Lenkung: Zweistangen-Zahnstangenlenkung,
        mit automatischer Nachstellung
Wendekreis: 10,2m Durchmesser nach beiden Seiten
Betriebsbremse: hydraulisch, vorn Duplex-, hinten
        Simplex-Trommelbremsen, Bremsfläche 820cm²,
        Bremskraftbegrenzer für die Hinterräder Handbremse: mit Seilzügen auf die Hinterräder wirkend
Breifung: 6,00-13 (Felge 4½Jx13)
Luftdruck: bis zwei Personen vorn 1,5 hinten 1,4 kp/cm²
        bis vier Personen vorn 1,6 hinten 1,5 kp/cm²
        über vier Personen vorn 1,6 hinten 1,7 kp/cm²
Aufbau: Ganzstahlkarosserie, viertürig, verschraubt mit
        Silentblock-Zwischenlagen
 
Abmessungen und Massen
Radstand: 2450 mm
Spurweite: vorn 1260 mm, hinten 1300 mm
Länge: 4220 mm Breite: 1640 mm
Höhe: 1495 mm
Bodenfreiheit: 155 mm (belastet)
Kofferrauminhalt: 0,525 m³
Leermasse: 910 kg
Nutzmasse: 390 kg
Gesamtmasse: 1300 kg
zul. Achslast: vorn 640 kg, hinten 680 kg
Anhängelast: 500 kg (gebremst 650 kg)
Dachlast: 60 kg (bei Schiebedach 40 kg)
Tankinhalt: etwa 44 l
Höchstgeschwindigkeit des Testwagens: 138 km/h
 
Preis des de luxe: 18 045,50 M
        (einschl. Sicherheitsgurte und Zubehör,
        ohne Feuerlöscher)
Mehrpreis für Autosuper Stern-Transit: 700,- M,
        Stern-Konstant: 500,- M
Mehrpreis für Stahlschiebedach: 400,- M
 
Kfz.-Steuer: 180,- M
Kfz.-Haftpflicht: 153,- M (DDR), 189,- M (Berlin)
Fahrzeugversicherung (Kasko) mit 300,- M Selbst-
        beteiligung: 250,- M (DDR), 328,- M (Berlin),
        mit 500,- M Selbstbeteiligung 188,- M (DDR),
        247,- M (Berlin).
 
Aus Der Deutsche Straßenverkehr 9/1970  
 
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Heck und Tank
 
Die Heckleuchten vereinen von außen nach innen Blinklicht, Rückstrahler, Schrußlicht, Rückfahrscheinwerfer und Bremslicht.
Die Tankklappe ist nicht verschließbar.

 
100 km/h. Bei den 45PS-Wagen hatte es keinen Zweck, die Beschleunigung bis über 100 km/h hinaus festzustellen. Die Zeiten waren extrem lang, weil der Wagen die höheren Geschwindigkeiten nur allmählich erreichte. Der neue beschleunigt auch oberhalb 100 km/h recht zügig, er erreichte 110 km/h nach 26 und 120 nach 38 Sekunden aus dem Stillstand.
Das Getriebe läßt sich übrigens viel leichter schalten als das unseres damaligen Testwagens, bei dem der Schalthebel noch einige Zentimeter kürzer war. Sei dem verlängerten Hebel ist nicht nur der erforderliche Kraftaufwand geringer, sein Handgriff liegt auch viel griffgünstiger nicht mehr hinter, sondern neben dem Lenkrad. Nur das Herausziehen des Hebels beim Schalten des Rückwärtsganges ist unseres Erachtens keine glückliche Lösung. Diese Sperre verhindert zwar mit Sicherheit, daß man versehentlich den Rückwärtsgang wählt, braucht man ihn aber schnell, wie zum Beispiel beim Wenden auf enger Straße, so ist das unübliche Ziehen am Schalthebel recht hinderlich. Sehr vorteilhaft ist der geringe Wendekreisdurchmesser von nur 10,2 m nach beiden Seiten. Damit ist der Wartburg 353 fast genauso wendig wie der wesentlich kleinere Trabant. Die Verzögerungswerte der Betriebsbremse, vorn Duplex- und hinten Simplex- Trommelbremsen lagen bei unseren Messungen zwischen 8,5 und 9,5 m/s², das entspricht einem Bremsweg von 10,10 bis 11,30 m bei 50 km/h. Sehr günstig wirkt sich der Bremskraftbegrenzer aus, der das Blockieren der Hinterräder und das gefährliche Schiefziehen des Wagens beim starken Bremsen aus hohen Geschwindigkeiten verhindert. Selbst bei einer unfreiwilligen Vollbremsung aus 120 km/h lief der Wagen exakt geradeaus und verließ nicht seine Spur. Im Rahmen dessen, was Trommelbremsen zu bieten vermögen, gibt es bei den Wartburg-Bremsen wirklich nichts auszusetzen, aber Scheibenbremsen wären hohen Dauerbeanspruchungen, wie sie zum Beispiel bei schnellen Gebirgsfahrten auftreten, noch besser gewachsen. Die Handbremse ermöglichte Verzögerungen zwischen 3 und 3,2 m/s², die mit reichlicher Sicherheit über dem gesetzlich vorgeschriebenen Wert (2 m/s²) liegen.
Hinsichtlich des Geräuschpegels im Innenraum haben sich die Arbeiten am Motor sehr vorteilhaft ausgewirkt. Bei niedrigen und mittleren Geschwindigkeiten im vierten Gang läßt das Triebwerk nur noch ein dumpfes, tiefes Brummen hören, das bekannte helle Singen des Zweitaktmotors dominiert nur beim weiten Ausfahren der unteren Gänge. Bei Geschwindigkeiten über 90 km/h im vierten Gang treten die Triebwerksgeräusche hinter den Windgeräuschen zurück.

DIE KAROSSERIE

Seinen im Verhältnis zu den Außenmaßen sehr geräumigen Innenraum verdankt der Wartburg unter anderem den gewölbten Seitenscheiben. Sie ermöglichen flache Türen und bringen dadurch mehr Ellenbogenfreiheit. Auf Grund dessen steht den Insassen mehr Platz zur Verfügung als bei vergleichbaren Wagen dieser Größenklasse. Auch drei Personen sitzen auf der hinteren Sitzbank wesentlich weni-

 
Das Armaturenbrett
 
Die Armaturen liegen gut im Blickfeld, die Bedienungselemente sind griffgünstig angeordnet.
 
 
ger beengt als beispielsweise im Skoda oder Moskwitsch. Die vorderen Einzelsitze sind körpergerecht gestaltet. Die Sitzflächen stützen die Oberschenkel gut ab, und die Lehnen bieten dem Oberkörper auch seitlichen Halt. Die Sitzschienen werden mit Kugeln geführt, so daß sich die Sitze auch während der Fahrt leicht verstellen lassen. Die Lehnen der Luxusausführung lassen sich in verschiedenen Winkeln arretieren und in Liegestellung umklappen. Das Aufrichten übernehmen Federn, so daß die Lehne beim Lösen des Feststellhebels der Bewegung des Oberkörpers nach vorn bzw. oben folgt. Diese Annehmlichkeit die Sitzposition während der Fahrt von Zeit zu Zeit zu verändern, beugt Ermüdungserscheinungen vor und läßt auch sehr lange Strecken nicht als Strapazen empfinden.
Zur Belüftung können die Türfenster vorn und hinten heruntergekurbelt werden. Unabhängig davon sorgen die Entlüftungsöffnungen in den hinteren Dachträgern in Verbindung mit der Heizung bzw. Frischluftzufuhr über das Heizungssystem für den raschen Luftwechsel im gesamten Innenraum. Der Frischlufteinlaß liegt in der weitgehend staubfreien Zone vor der Windschutzscheibe. Ein zweistufiges Gebläse erhöht beim de luxe wahlweise den Luftdurchsatz und schafft bei beschlagener Windschutzscheibe schnell klare Sicht. Zum Freihalten der vorderen Seitenscheiben sind verstellbare Luftdüsen im Armaturenbrett eingelassen. Sämtliche Regulierhebel der Heizungsanlage liegen griffgünstig. Unser Testwagen hatte auch ein Stahlschiebedach, das auf Wunsch geliefert wird. Mit einem Knebelgriff läßt es sich leicht öffnen und in jeder gewünschten Stellung arretieren. Nicht nur an heißen Sommertagen ist die Öffnung im Dach willkommen. Auch an kühleren Tagen sorgt das etwa eine Handbreit geöffnete Schiebedach für eine sehr angenehme und absolut zugfreie Belüftung. Wir fuhren jedenfalls lieber mit teilweise geöffnetem Schiebedach als mit geöffnetem Seitenfenster, weil es bei offenem Schiebedach in keiner Weise im Wagen zieht.
Es zog allerdings im Wagen, wenn alle Öffnungen geschlossen waren. Bei näherer Untersuchung stellten wir fest, daß die Konturen der vorderen Türen nicht genau dem Karosserieprofil am Türausschnitt entsprachen. Dadurch blieb in den vorderen oberen Ecken zwischen Gummidichtung und Karosserie ein Luftspalt, durch den bei höheren Geschwindigkeiten Zugluft einströmte. Solche Fertigungstoleranzen gibt es bei allen Großserienfahrzeugen, sie fallen gar nicht auf, wenn das Gummiprofil die Differenz ausgleicht und die Tür trotzdem abdichtet. Dazu gehören aber entsprechend gestaltete Profile, die in größerem Umfang nachgiebig und anpassungsfähig sind. Die schmalen Gummilippen an den Wartburgtüren sind dieser Aufgabe nicht gewachsen, sie dichten nur in einem viel engeren Toleranzbereich einwandfrei und erfordern gut passende Türen.
Die Karosserie hat noch weitere "undichte" Stellen in den vorderen Radkästen. Hier gibt es fingerbreite Spalte zwischen der Karosserieaußenhaut und den unter den Türen liegenden Verstärkungsprofilen. Die Vorderräder schleudern bei nasser Fahrbahn ständig Spritzwasser in diese Spalte, das zwischen die beiden Gummidich-

 
 
Aus Der Deutsche Straßenverkehr 9/1970  
 
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Schlitze im Radhaus
 
Der Pfeil zeigt die offenen Schlitze, in die die Vorderräder bei nasser Fahrbahn ständig Spritzwasser schleudern.
 
tungen an den unteren Türkanten gelangt. Während der feuchten Jahreszeit werden diese Bodenkanten überhaupt nicht trocken, und die Blechteile rosten bald, wie die Erfahrungen bei älteren 353 inzwischen gezeigt haben. Wenn es in Zwickau bei wesentlich größeren Stückzahlen möglich ist die Längsträger des Trabant sogar innen mit einem Korrosionsschutzanstrich einzusprühen und die Bohrung im Radkasten mit einem Plastestopfen zu verschließen, so sollte sich doch in Eisenach ein Weg finden diese Spalten in den Radkasten zu schließen. Angesichts des verstärkten Einsatzes chemischer Winterdienstmittel ist das unseres Erachtens unerläßlich.
Von Vorteil ist die geänderte Stütze, die an der Motorhaube, nicht mehr an der Frontverkleidung angelenkt ist und an der Seite abgestützt wird. Damit bleibt die Haube auch bei Herausnahme des Frontteils abgestützt. Die Klappe des sehr geräumigen Kofferraumes wird von Ausgleichfedern geöffnet, wenn man den verschließbaren Druckknopf bedient. Der Tankdeckel ist nach wie vor nicht verschließbar. Wir halten das für einen Mangel. Als unvollkommene Lösung erscheinen uns auch die beiden Türschlösser, denn sie lassen sich nur von außen schließen und nicht wie international üblich auch von innen verriegeln. Zweifellos kann man verschließbare Türen auf beiden Seiten gut brauchen, wenn der Wagen in engen Parklücken steht. Der Wartburg-Fahrer erkauft diesen Vorteil aber mit dem Nachteil, daß er um den Wagen herumlaufen muß, um beide Schlösser zu schließen oder daß er ständig seinem Mitfahrer von innen die Tür öffnen muß, weil deren Schloß der Einfachheit halber stets geschlossen bleibt.
Die inzwischen geänderte und zusätzlich abgestützte Ablage unter dem Armaturenbrett ließ keine Wünsche offen, hier klapperte nichts mehr, und es fiel auch nichts herunter, wie wir das beim Tourist erlebt hatten. Bedauerlich ist nur, daß die Schale unter dem Armaturenbrett die einzige Ablagemöglichkeit ist, selbst Türtaschen fehlen. Die Rundinstrumente lassen sich im allgemeinen besser mit einem Blick ablesen als rechteckige Geräte. Beim Wartburg gilt das uneingeschränkt für das Fernthermometer und den Kraftstoffanzeiger. Bei der Gestaltung des Tachometers hatten die Konstrukteure offenbar einen sehr schlechten Tag. Das Instrument hat 100 mm Durchmesser und erlaubt eine Zeigerlänge von rund 40 mm. Beim Wartburg ist der Zeiger aber nur 27 mm lang. und bei der entsprechend kleinen und dadurch sehr unübersichtlichen Skale stehen die Zahlen außen, aber nicht etwa wie üblich in gleichmäßigen Intervallen, sondern willkürlich manchmal nach zwei oder nach drei Teilstrichen. Zwischen dem Zeigeranschlag und 30 km/h gibt es nur einen Teilstrich (15 km/h), während die übrige Teilung in 10 km/h Abstand vorgenommen wurde. Für diese unglückliche Gestaltung entschädigen einigermaßen die sehr gut auch bei Nacht ablesbaren Zählwerte des Kilometerzählers und des beim de luxe serienmäßigen Tageskilometerzählers, dessen Anzeige mit einem Drehknopf gelöscht werden kann. Leider fiel der Tageszähler nach rund 5000 km aus.
Sehr übersichtlich sind die Kontrollampen für die Blinkleuchten, die

 
Das Armaturenbrett
 
Das Stahlschiebedach kann mit dem Knebelgriff in beliebiger Stellung festgeklemmt werden. Die poröse Oberfläche des Kunstoffknebels verschmutzt leicht.
 
Lichtmaschine, die Scheinwerfereinstellung und das Fernlich. Ihre Helligkeit wurde so abgestimmt, daß die bei Nachtfahrt leuchtenden Lampen in keiner Weise blenden, aber auch nicht übersehen werden. Nur die grüne Blinkkontrolle leuchtet sehr hell und auffällig, so daß es kaum vergessen werden kann, die Blinker wieder auszuschalten. Dafür wird häufig nicht beachtet, daß der Blinkhebel bei angeschlossener Lenksäule die Parkschaltung links oder rechts einschaltet. Das passierte uns oft am Tage, wir sahen auch unterwegs zahlreiche abgestellte Wartburg 353, bei denen meistens rechts das Standlicht und Rücklicht eingeschaltet waren. Die Kombination der Parkschaltung mit dem Lenkschloß ist ohne Zweifel nützlich, damit nicht versehentlich mit Parklicht gefahren werden kann. An die Doppelfunktion des Blinkschalters wird aber häufig nicht gedacht. Ein zusätzlicher Schalter, der bei angeschlossener Lenksäule nur die Parkleuchten schaltet, wäre günstiger.
Die Rechteckscheinwerfer des Wartburg bieten auch bei Abblendlicht eine ausgezeichnete Fahrbahnausleuchtung, man darf nur nicht vergessen, die Reflektoreinstellung der Belastung anzupassen. Das mit dem Lenksäulenschalter bediente Abbendrelais - tagsüber wird mit dem gleichen Handgriff die Lichthupe geschaltet - möchten wir ebenso wenig missen wie die elektrische Scheibenwaschanlage, die bei Druck auf den Schaltknopf des zweistufigen Scheibenwischers kräftige Waschstrahlen fördert, die auch bei hohen Geschwindigkeiten nur wenig abgelenkt werden. Einen stabileren Innenspiegel könnte der Wartburg brauchen. Die jetzige Ausführung vibriert auf Grund des leichten Plasterahmens, und die Sicht nach hinten ist nicht die beste. Übrigens erfreuen sich bei den meisten Kraftfahrern die Panoramaspiegel einer wachsenden Beliebtheit, da sie einen viel größeren Ausschnitt zeigen. Weshalb werden solche Spiegel serienmäßig nicht eingebaut ?
Dafür hatte unser Testwagen aber den neuen Autosuper Stern-Transit mit UKW, der eine beachtliche Empfangsleistung bietet und auch in größerer Entfernung von starken Sendern nach zahlreiche Stationen in guter Qualität hören läßt, die bei anderen Empfängern unter ähnlichen Bedingungen kaum noch durchdringen. Außerhalb der Großstädte bietet der UKW-Bereich einen sehr guten Empfang. In dicht bebauten Gebieten unterliegt der UKW-Empfang starken Schwankungen, hier sind die Mittel-, Lang- und Kurzwellen günstiger. Der Empfänger hat eine automatische Frequenzkontrollschaltung, die im UKW-Bereich den gewählten Sender scharf abstimmt und festhält In den anderen Wellenbereichen dient diese AFC-Schaltstellung zur Dämpfung der Empfindlichkeit bei stark einfallenden Sendern. Auch eine Tonblende und eine Helligkeitsregelung der Skalenbeleuchtung sind vorhanden.
Insgesamt gesehen gibt es nur wenige Details, bei denen wir uns Änderungen wünschten. Die Fahrleistungen, die Fahreigenschaften, die Fahrsicherheit und der Komfort des Wartburg 353 de luxe liegen unseres Erachtens wesentlich über dem Durchschnitt dessen, was von Wagen dieser Größenordnung international allgemein erwartet wird.
 
Eberhard Preusch

 
 
Aus Der Deutsche Straßenverkehr 9/1970  
 
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